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Lebensmittelversorgung bei kritischen Versorgungsengpässen

Es sind diverse Ursachen denkbar, die zu einer schweren Krise bei der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung führen können. Hierzu könnten z.B. gehören:

  • ein langanhaltender, flächendeckender Stromausfall,
  • ein Cyberangriff oder
  • ein Ausfall der Transportlogistik durch Kraftstoffmangel.

Solche unwahrscheinlichen, aber realistischen Szenarios mit immensen Auswirkungen erfordern bereits ein vorbereitendes Handeln aller verantwortlichen Akteure.

Der Landkreis Uckermark hat als Katastrophenschutzbehörde deshalb die hier dargestellte Empfehlung zur Lebensmittelversorgung bei kritischen Versorgungsengpässen erarbeitet. Sie soll als praxisnahe Hilfestellung für die Bürgerinnen und Bürger, für den örtlichen Lebensmitteleinzelhandel und für die kreisangehörigen Kommunen im Landkreis Uckermark dienen. Sie ist leicht, niedrigschwellig und dezentral umsetzbar.

Wesentliche Grundlage dieser Empfehlung ist die in Österreich erarbeitete Branchenlösung. Alle großen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels haben sich dabei auf eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise bei einem Blackout verständigt. Diese freiwillige Selbstverpflichtung ist Vorbild und Muster. Sie wird deshalb hier dargestellt und ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen.

Empfehlungen für die Bevölkerung

  1. Zur erfolgreichen Bewältigung von Krisenlagen kommt es vor allem auf die Eigenverantwortung, auf den Selbstschutz und die Selbsthilfe der Bürgerinnen und Bürger an. Hierzu gehört auch die gegenseitige Unterstützung von hilfsbedürftigen Personen (bspw. in der Familie, im Freundeskreis oder der Nachbarschaft).

  2. Um besondere Krisensituationen auch ohne Einkaufen überstehen zu können, wird eine eigenständige Haushaltsbevorratung von Lebensmitteln empfohlen. Für schlechte Zeiten vorzusorgen, ist einfach eine Frage des gesunden Menschenverstandes.
    Einer besonderen Bedeutung kommt hierbei der Trinkwasserversorgung bzw. -bevorratung zu. Leitungswasser unterliegt strengen Qualitätsprüfungen und kann bedenkenlos getrunken werden.
    Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfiehlt einen Grundvorrat an Lebensmitteln und Getränken für zehn Tage im Haus zu haben.Hierzu hat das BBK einen Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen inklusive einer persönlichen Checkliste veröffentlicht, der auf der Website heruntergeladen werden kann.

  3. Daneben ist es aber auch wichtig, über einen ausreichenden Vorrat an Bargeld zu verfügen. Im Krisenfall – beispielweise bei einem Blackout oder einem großflächigen Hackerangriff – ist es wahrscheinlich zu spät und auch schwierig, sich noch Bargeld zu besorgen.
    Als Richtwert kann deshalb empfohlen werden, einen Betrag von etwa 100 Euro pro Familienmitglied in kleinen Stückelungen zu Hause an einem sicheren Ort aufzubewahren.

Empfehlungen für den Lebensmitteleinzelhandel

  1. Der Lebensmitteleinzelhandel sollte die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Notwendigkeit einer vorbeugenden Bevorratung unterstützen.

    Hierzu könnte auf Plakaten im Markt oder in Angebotsprospekten auf die Thematik und den Ratgeber des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zur Notfallvorsorge hingewiesen werden. Dieser kann unter www.bbk.bund.de heruntergeladen werden oder für eine Auslage im Markt in Papierform beim BBK kostenfrei angefordert werden.

  2. Es sind zahlreiche Krisensituationen denkbar, in denen die Lebensmittelversorgung gestört werden könnte. So müssten Supermärkte ggf. bei einem Stromausfall oder Cyberangriff schließen, weil Kühltruhen und Kassensysteme ausfallen. In diesem Fall wird gemäß der Österreichischen Branchenlösung die folgende Vorgehensweise empfohlen:

    Tag 1

    • Die Filialen bleiben geschlossen, damit die notwendigen Vorkehrungen und Abstimmungen mit den Mitarbeitern getroffen werden können.

    • Die Filialen nehmen mit den Gemeinden über die vorab vereinbarten Kanäle Kontakt auf.

    Tag 2

    • Die Öffnungszeiten sind eingeschränkt, um bei Stromausfall das Tageslicht ausnutzen zu können und die notwendigen Vorbereitungszeiten zu haben:

      • Von 9 bis 10 Uhr werden Lebensmittel an die Gemeinden, Blaulichtorganisationen und Einrichtungen zur Sammelverpflegung ausgegeben.

      • Von 10 bis 15 Uhr werden Lebensmittel an die Bevölkerung ausgegeben.

    • An die Bevölkerung werden fertig zusammengestellte Lebensmittel- und Getränkepakete abgegeben. Aus logistischen Gründen können keine Wünsche für den Inhalt berücksichtigt werden.

    • Am 2. Tag sind noch vorrangig verderbliche Frischeprodukte enthalten.

    • Speziale Güter, z.B. Babyartikel, Tierfutter und Hygieneprodukte, sind nur bedarfsorientiert abzugeben.

    • Die Tüten können gegen Barzahlung erworben werden. Sie haben dazu stets einen runden Preis (z.B. 10 Euro, 20 Euro). Bürgern ohne Bargeld soll eine Bezahlung auf Rechnung ermöglicht werden.

    • Ein Betreten der Geschäfte ist im Krisenfall nicht möglich. Die Ausgabe erfolgt vor den Geschäften.
      Hierzu könnte im Türbereich ein Provisorium aus Euro-Paletten aufgebaut werden, das als Ausgabetresen und Eintrittshindernis dient.

    Tag 3

    • Ab dem dritten Tag werden aus Gründen der Lebensmittelsicherheit nur noch Produkte aus dem „Trockensortiment“ ausgegeben, die keiner Kühlung bedürfen, etwa Wasser, haltbares Brot, Konserven sowie Fertigprodukte oder auch Kerzen.

    • An den Folgetagen wird die Ausgabe fortgesetzt, bis der Warenvorrat erschöpft ist.

  3. Im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit sind bei der Abgabe von Lebensmitteln aus dem Einzelhandel im Falle eines Blackouts folgende Leitlinien zu beachten:

    Leitlinien zur Lebensmittelsicherheit

    • Rohe, frische tierische Lebensmittel wie Fleisch, Geflügel und Fisch sind sensible leicht verderbliche Lebensmittel. Sie werden nicht an Endverbraucher abgegeben. Eine Abgabe etwa an Gemeinden, Blaulichtorganisationen oder Einrichtungen zur Sammelverpflegung kann erfolgen, sofern diese eine sichere weitere Verarbeitung sicherstellen können. Ansonsten sind diese Lebensmittel zu entsorgen, wenn die Kühlkette unterbrochen wurde.

    • Gekühlte und tiefgekühlte Lebensmittel können abgegeben werden, solange die Gesundheit des Verbrauchers dadurch nicht gefährdet wird.

    • Ungekühlte pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Kartoffeln, Kräuter können solange abgegeben werden als augenscheinlich keine Beeinträchtigung der Lebensmittelsicherheit vorliegt.

    • Alle ungekühlt lagerbaren Lebensmittel und Getränke können abgegeben werden.

  4. Ein hoher Stellenwert kommt der Schulung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu, damit diese privat wie beruflich bestmöglich auf den Ernstfall vorbereitet sind.

  5. Die Organisation der Abgabe wird in enger Kooperation mit der Gemeinde als wichtigsten Partner vor Ort erfolgen. Hierzu sollte frühzeitig Kontakt mit dem Bürgermeister aufgenommen werden, um die notwendigen Absprachen für einen eventuellen Krisenfall treffen zu können.

    Beispielsweise können Gemeinde-Mitarbeitende, Mitglieder der Feuerwehr oder ggf. Freiwillige von örtlich verwurzelten Vereinen beim Vorbereiten der Lebensmittel-Tüten, bei der Warenausgabe, bei der Information der Bevölkerung sowie bei der Einhaltung sozialer Werte und Normen unterstützen.

  6. Eine dauerhafte Präsenz der Polizei vor den Lebensmittelmärkten rund um die Uhr kann nicht erfolgen und ist auch nicht notwendig. Eine Bestreifung der Standorte ist möglich.

    Die Ergebnisse jahrzehntelanger Katastrophenforschung zeigen eindeutig, dass kopfloses, antisoziales Verhalten in der Bevölkerung die Ausnahme ist, während der Regelfall die Selbsthilfe, Selbstorganisation und vor allem auch die Hilfsbereitschaft für Dritte ist. Häufig medial unterstellte Verhaltensweisen wie Panik, Egoismus, Plünderung oder Aggression sind empirisch nicht belegt und sind ausnahmslos singuläre Ereignisse.

    Die dargestellte Warenabgabe trägt zudem zum Vertrauen in die Lebensmittelversorgung und der allgemeinen Beruhigung bei.

Empfehlungen für die kreisangehörigen Kommunen

  1. Es ist gesetzliche Aufgabe der amtsfreien Gemeinden und der Ämter gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 BbgBKG, die Selbsthilfe der Bevölkerung zu fördern.

    Auch nach § 5 Abs. 1 Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG) obliegt den Gemeinden Aufbau, Förderung und Leitung des Selbstschutzes der Bevölkerung.

  2. Als Mindestmaßnahmen sollten die Gemeinden entsprechende Informationen zum Selbstschutz auf ihren Internetauftritten einstellen (z.B. Verlinkung zu den Angeboten des BBK) und Publikationen in Verwaltungsräumlichkeiten und zu öffentlichen Veranstaltungen auslegen.

  3. Die Gemeinden sollten eigene Stäbe für außergewöhnliche Ereignisse einrichten. Sie haben im Krisenfall die Lage im Gemeindegebiet zu erfassen, die verfügbaren Kräfte und Mittel in der Gemeinde koordiniert einzusetzen, die Bevölkerung mit aktuellen und gesicherten Lageinformationen zu versorgen und Verbindung zum übergeordneten Stab des Landkreises zu halten.

  4. Den Gemeinden wird empfohlen, im Vorfeld Kontakt mit den Lebensmittelunternehmen in der Gemeinde aufzunehmen. Gemeinden ohne Filiale im Ortsgebiet wenden sich an die nächstgelegene Filiale. Dabei sollten mit den Filialverantwortlichen die Details zum Ablauf im Krisenfall besprochen werden.

    Beispielsweise können Gemeinde-Mitarbeitende, Mitglieder der Feuerwehr oder ggf. Freiwillige von örtlich verwurzelten Vereinen beim Vorbereiten der Lebensmittel-Tüten, bei der Warenausgabe, bei der Information der Bevölkerung sowie bei der Einhaltung sozialer Werte und Normen unterstützen.

    Zudem sind die Lebensmittelbedarfe vorab zu planen, die die Gemeinde für die Versorgung kritischer Infrastrukturen benötigt.

Übersicht über die Standorte des Lebensmitteleinzelhandels

Nachfolgend sind die im Landkreis Uckermark vorhandenen, größeren Lebensmittel- und Getränkemärkte dargestellt. Eine genaue Übersicht mit den Adressen finden Sie in der Rubrik „Dokumente“.